Unterthänigster Bericht
von Seiten
des Magistrats zu Balve
actum Rescripti bobg i 8br 1805
Die Brandweinbrennereien in dem Herzogthum Westphalen
in specie
das eingerißene übermäßige Brandweintrinken betreffend.
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Wie dem Brandweintrinken zu steuern, und die Bierbrauereien zu heben seyen, das ist die wohltätige aber schwierige Aufgabe.

Zu den Zeiten, wo der Teutsche den …… nicht kannte, oder ihn doch mäßig genoß, wo noch nicht das Land mit Brandwein-Brennereien besäet, nicht die Städte an Schenken so reich, und diese Fuselbuden(?) der Landbewohner in seinem Dorfe noch nicht kannte, sondern zum seltenen Bedarf wie Mixtur sich den Brandwein aus der ihm am nächsten liegenden Stadt hohlte, da brauete sich noch beinahe jeder Haußvater sein eigenes Bier.
Leben und Kraft gab dieses. Beides aber raubt jetzt leider! einem großen Theile der Bewohner unseres Vaterlandes der übermäßige …. und Brandweingenuß. Jenen einzuschränken ist vielleicht jetzt unmöglich geworden, der Brandweingenuß aber ist gar zu verderblich in seinen Wirkungen, und deswegen muß es immer für möglich gehalten werden, ihm Einhalt zu thuen.
In dem volkreichen Städtchen Balve geben es acht Brandweinkeßel oder Brennereien, und in eben so vielen Häusern wird Brandwein geschenkt.
Man kann annehmen, daß ein jeder dieser acht Brenner im Durchschnitte alle 14 Tage 20-30 Maaß Brandwein fabrizieren. Davon wird zwar den benachbarten Orten viel verkauft, aber der meiste in der Stadt Balve selbst verbraucht. Ja! mit diesem lange nicht zufrieden, versorgt uns damit noch das Ausland in bedeutenden Quantitäten und in verschiedenen Arten. Diese starke Consumtion in unserem Grentzstädtchen macht nur der nicht unbedeutende Commerz erklärbar.
Aber dennoch muß sie eingeschränkt werden, diese Consumtion, und Balve, wo jetzt nur in vier Häusern Bier gebrauet wird, künftig dieser Häuser mehrere zählen. Um dieses zu bewirken und überhaupt die Bierbrauereien empor zu bringen, sind vielleicht folgende Vorschläge zweckmäßig:
- Wo keine Bierbrauereien sind, müßten Prämien demjenigen versichert werden, der zuerst eine Bierbrauerei anlegte, und damit continuierte. Auch dem zweiten und folgenden Unternehmer wäre eine kleine angemeßene Belohnung auszusetzen.
- könnte einer jeden Gemeinheit, worinn kein Bier gebrauet wird, oder nicht immer für Geld zu haben ist, befohlen werden, einen Braukeßel nebst Geräthschaft anzuschaffen. Dieser müßte in einem schon vorhandenen oder noch zu erbauenden öffentlichen Gebäude aufgestellet werden. Jedem Gliede der Gemeinheit wäre es zu erlauben, darin zu brauen. Daß dabei ein Aufseher bestellet werde, versteht sich. Wer fleißig brauete, erhielte nach Nro 1. eine Belohnung.
- müßte sich vor allen Dingen der Staat darum bekümmeren, daß ein Gersten-Magazin angelegt würde, wo jeder, der Bier brauen wollte, dann Gersten in dem möglichst billigen Preise erhalten könnte. Dieses Magazin wäre in jener Gegend, wo der Gersten nicht gut wächst, anzulegen.
- die Einführung des fremden Brandweins, und jede neue Anlegung einer Brandwein-Fabriek müßte durchaus untersagt werden, allenfalls auch den Eigenthümern der schon vorhandenen Brauerein bedeutet werden, daß sie nur eine gewiße Quantität Brandwein brauen sollten.
- müßte von jedem Ohm Brandwein eine höhere Abgabe, als es vom Weine gewöhnlich ist, entrichtet werden, welche Abgaben zur Anlegung eines Gersten-Magazins zu verwenden wären.
- dürfte aus inländischem Korn durchaus kein Brandwein gemacht werden.
- Den Wirthen wäre bei hoher Geldstrafe das Brandweinschenken nach Mittage zu verbieten. Die ohne Rücksicht einzufordernden Strafgelder müß´ten gleichfalls zum Ankauf von Gersten verwendet werden.
- Alle Brandwein-Maaßen und Gläser müßten geeicht, und dafür eine Abgabe (wieder behufs Gersten-Ankauf) entrichtet werden.
Diese Vorschläge haben vorzüglich die Tendenz, den Brandwein recht theuer und das Bier wohlfeil zu machen. Ohne diese Maxime scheint es unmöglich, den Zweck zu erreichen. Sey es auch, daß dadurch der Unterthan vielleicht auf die eine oder andere Art leidet, so ist dieser Schade doch nicht mit jenem zu vergleichen, den der Uebergenuß des Brandweins, man kann sagen, so schrecklich bereitet.
Balve am 22ten 9ber 1805
Quelle: Stadtarchiv Balve. Akte StA Balve A 235